Zukunft „Weiterbildungsrepublik“: Bildungszeit und Lebenschancen-BAföG sollen kommen
Weiterbildung schützt vor Arbeitslosigkeit. Weiterbildung erhöht die Motivation. Weiterbildung fördert die berufliche und persönliche Entwicklung. Die Liste der Vorteile durch berufliche Bildung könnte problemlos um viele weitere Punkte ergänzt werden. Fest steht: Die bisher vorhandenen Weiterbildungsprogramme reichen nicht aus, um Menschen während der gesamten Zeit ihrer Erwerbstätigkeit in ihrem fachlichen und persönlichen Fortkommen wirkungsvoll zu unterstützen. Mit der Weiterbildungsstrategie der regierenden Ampelkoalition soll sich das bald ändern.
Die neue Regierung hat sich in Sachen Weiterbildung viel vorgenommen. Sogar von einer zukünftigen „Weiterbildungsrepublik“ ist die Rede. Zum ersten Mal bekommt die Erwachsenenbildung im Koalitionsvertrag einen eigenen Abschnitt. Das lebenslange Lernen gewinnt dadurch an Bedeutung – ein positives Signal für diejenigen, die im Beruf stehen und sich weiterentwickeln möchten.
Außerdem sollen Bund, Länder und Kommunen in Zukunft bei Bildungsprogrammen und deren Finanzierung enger zusammenarbeiten. Und das ist auch angesichts des gesellschaftlichen Wandels und technologischer sowie wirtschaftlicher Transformationen dringend nötig. Schon heute leiden wir in vielen Bereichen unter Fachkräftemangel.
Bildung darf nicht an Zeit und Geld scheitern
Bisherige geförderte Bildungsangebote zielen überwiegend auf diejenigen ab, die arbeitslos oder zumindest von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Ausnahmen gibt es für Arbeitnehmer*innen in Engpassberufen und für jene, die durch die Umstellung auf neue Technologien ihren Arbeitsplatz mittelfristig verlieren könnten. Dabei würden viele Berufstätige sich gerne weiterbilden, bei den meisten scheitert es dann aber an Zeit und Geld.
Einzig das Aufstiegs-BAföG (früher Meister-BAföG) bietet Berufstätigen die Möglichkeit, eine geförderte Weiterbildung zu bekommen. Hier ist das Bildungsziel aber klar definiert, eine Weiterqualifikation in einem neuen Bereich ist nicht möglich. Um das Aufstiegs-BAföG zu erhalten, muss die Weiterbildung nämlich zu einem Abschluss über dem Niveau eines Facharbeiter-, Gesellen-, Gehilfen- oder Berufsschulabschlusses führen. So kann sich beispielsweise ein*e ausgebildete Kinderpfleger*in oder Sozialassistent*in finanziell gefördert zum*r Erzieher*in ausbilden lassen.
Selbstbestimmte Weiterbildung mit dem Lebenschancen-BAföG
Um in Zukunft in jedem Alter allen Menschen eine selbstbestimmte Weiterbildung zu ermöglichen, ist ein Lebenschancen-BAföG geplant. Es ist nicht berufs- und abschlussbezogen und soll nicht nur der beruflichen, sondern auch der persönlichen Weiterentwicklung dienen. Auch ein Branchenwechsel oder eine berufliche Neuorientierung sind damit förderfähig. Die Basis dafür wird ein Bildungssparen mit staatlicher Förderung sein.
Beim Bildungssparen baut man über einen längeren Zeitraum Guthaben auf, das man dann für Ausbildung, Studium oder Weiterbildung verwenden kann. Kritiker*innen verweisen darauf, dass nicht jede*r das Geld hat, etwas dafür zurückzulegen. Je nachdem, wie die neue staatliche Förderung aussieht, könnte das Bildungssparen auch für diejenigen, die über ein kleines Budget verfügen, in Zukunft interessant sein.
Lebenslanges Lernen mit geförderter Bildungszeit
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil möchte außerdem eine geförderte Bildungszeit und die Bildungsteilzeit einführen. Vorbild dafür ist Österreich, dort können Arbeitnehmer*innen in Absprache mit ihrem Arbeitgeber Bildungsteilzeit beantragen. Sie arbeiten dann während ihrer Aus- oder Weiterbildung in reduzierter Stundenzahl weiter und bekommen die Differenz zum ursprünglichen Vollzeitgehalt ersetzt.
„Wer eine Auszeit von seinem Job nimmt, um sich weiterzubilden, erhält Unterstützung aus der Kasse der Bundesagentur für Arbeit auf der Höhe des Arbeitslosengeldes. Also 60 Prozent des Einkommens beziehungsweise 67 Prozent für Familien“, so Heil im Beitrag „Heil kündigt staatlich geförderte Auszeiten für Weiterbildung an“ auf spiegel.de.
Ab 2023 soll man dann auch in Deutschland eine solche von der Bundesagentur für Arbeit finanzierte Bildungszeit bekommen können. Diese darf sogar bis zu einem Jahr dauern. Bislang können sich Arbeitnehmer*innen in Deutschland maximal fünf Tage im Jahr zusätzlich bezahlten Bildungsurlaub nehmen (außer in Bayern und Sachsen, da gibt es keinen Anspruch auf Bildungsurlaub).
Maximal 67 Prozent des Bruttolohnes sollen Weiterbildungswillige während dieser Zeit bekommen. Auch eine Bildungsteilzeit, die bis zu zwei Jahren dauern darf, steht auf dem Plan. So könnten sich auch viele Menschen, die mitten im Leben stehen, eine Pause vom regulären Job leisten. Abzusprechen ist das allerdings auch hier mit dem Arbeitgeber. Ob diese von dem längeren Ausfall der Mitarbeitenden begeistert sein werden, ist fraglich.
Gespannt blicken wir auf die nächsten Monate, was sich in der Welt der Weiterbildung so alles ändern wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden!
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